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27.12.2023
Das Brötchen am Bahnhof

Ich war einmal auf einer Tagung in einem kleinen Hotel. Eine überschaubare Anzahl von Teilnehmern. Und dann sind noch einige vorzeitig abgereist. Da stand er dann, der Abschlussimbiss – belegte Brötchen hauptsächlich – und wurde nicht alle. „Was wird aus dem Essen?“, haben wir gefragt. „Das kommt in die Futtertonne, geht nicht anders, Hygiene.“ Hm, schade, oder? Nehmen wir doch die Brötchen mit, meinte jemand, es gibt in jeder Stadt Menschen, die für Essen dankbar sind, vor allem am Bahnhof. Gesagt getan. Das Hotel hat mit Pappboxen ausgeholfen. Und zwei, drei Leute hatten dann also auf dem Weg zum Bahnhof in der einen Hand den kleinen Rollkoffer, in der anderen balancierten sie das Essen. Nun galt es, es weiterzugeben, Menschen zu finden, die es gern annehmen würden. Dafür mussten wir den Blick scharf stellen auf das, was wir sonst nicht sehen oder wahrnehmen wollen. Nun konnten wir nicht mehr über die hinwegsehen, die sonst in der Fußgängerzone knien, einen Becher vor sich. Oder die auf einer Parkbank mit einem Dutzend Plastiktüten. Wir mussten sie ja suchen. Niemand von uns wollte diese Boxen mit in den Zug nehmen, wäre auch viel zu viel gewesen. Oh ja, wir sind das Essen losgeworden. Ich erinnere mich an das Gesicht eines Mannes, den ich gefragt hatte, ob er etwas zu Essen möchte. Und ich sehe noch, wie er seine rechte Hand auf das Herz legt und mich anlächelt. Wir haben uns gesehen. Dazu brauchte es nur ein Brötchen.

Solche Brötchen wünsche ich uns. Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.


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